In einem meiner letzten Blogartikel habe ich mich ausführlich mit dem Thema „nachgelagerte Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen“ bei Direktversicherungen auseinandergesetzt. Im Nachgang interessierte mich dann die Meinung der Sozialdemokraten aus zwei Gründen:

  1. Die SPD hat das Gesetz mit auf den Weg gebracht.
  2. Die SPD sollte sich auf Grund ihrer politischen Grundausrichtung am ehesten eine Korrektur wünschen.

Also habe ich eine Mail an Sigmar Gabriel geschrieben, die überraschenderweise innerhalb von weniger als 24 Stunden beantwortet wurde. Hierfür möchte ich ein großes Lob aussprechen. Da habe ich bei E-Mailanfragen bei weiteren Politikern schon ganz andere Erfahrungswerte machen müssen. Das Internet ist demnach nicht für alle Politiker #NEULAND. Hinzuzufügen ist an der Stelle, dass Sigmar Gabriel nicht selbst geantwortet hat, was aber auch nicht meine Erwartungshaltung war.

Nun möchte ich nochmals kurz auf den Sachverhalt eingehen und dann auszugsweise die Mail zitieren. Die Zitate sind in Anführungszeichen gekennzeichnet:

Bei einer Direktversicherung wird eine private Rentenversicherung abgeschlossen, bei der in der Regel die Versicherungsbeiträge direkt vom Bruttolohn abgezogen werden. Dies hat zur Folge, dass der Bruttolohn sinkt und weniger Sozialabgaben anfallen. Auf den ersten Blick eine lukrative Sache, da auch weniger Steuern anfallen. Aber es wird entsprechend weniger Geld in die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung eingezahlt. Somit sinkt über die Jahre die staatliche Rente und es wird entsprechend weniger in das Solidarsystem eingezahlt.

Im Jahr 2004 wurde eine gesetzliche Anpassung vorgenommen, so dass der Anteil der Kranken- und Pflegeversicherungsanteil in der Auszahlungsphase einer Direktversicherung massiv angehoben wurde. Dies hatte zur Folge, dass die Renditen aller Verträge, die vor 2004 abgeschlossen wurden massiv sanken. Dieser politische Griff in die private Altersversorgung von tausenden von Rentnern sollte die heute arbeitende Bevölkerung nachdenklich stimmen. Denn auf Kosten derjenigen, die private Altersvorsorge betreiben, wird das Gesundheits- und Pflegeversicherungssystem mit finanziert. Planungssicherheit für den Ruhestand sieht meiner Ansicht nach anders aus.

„Ich will Ihnen kurz erläutern, warum diese Regelungen so getroffen wurden und bis heute Bestand haben. Es besteht der weit verbreitete Irrtum, dass auf Versorgungsbezüge keine Krankenversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen, sondern nur auf die gesetzlichen Renten. Bereits vor 2003 musste auf Versorgungsbezüge der sog. Arbeitnehmeranteil entrichtet werden. 2003 wurde dann beschlossen, die Versorgungsbezüge mit dem vollen Beitrag zu belasten, um eine Gleichbehandlung mit den freiwillig Versicherten Rentnerinnen und Rentnern zu schaffen. Freiwillig Versicherte müssen seit jeher mit ihrem gesamten Alterseinkommen beitragen.“

Versorgungsbezüge mit dem vollen Beitrag zu belasten, heißt in diesem Fall, dass Arbeitnehmer, die vor 2003 eine Direktversicherung abgeschlossen haben, den Vertragsabschluss unter komplett anderen politischen Bedingungen abgeschlossen haben. Die zu erwartende Rendite des Vertrages war zum Zeitpunkt des Abschlusses viel höher, als dass was künftig der Vertrag leisten wird.
Mit der Gleichbehandlung mit den freiwillig Versicherten Rentnerinnen und Rentnern wird vermutlich die freiwillige Krankenversicherung im Rentenalter gemeint sein. Hierzu schreibt die Rentenkasse auf ihrer Internetseite: „Auch als Rentner können Sie sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse freiwillig versichern. Dann werden alle Ihre Einkünfte für die Höhe der Beiträge berücksichtigt. Neben der Rente sind unter anderem Versorgungsbezüge, Arbeitseinkommen, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalerträge, private Lebensversicherungen und seit dem 1. Juli 2011 auch ausländische Renten beitragspflichtig.“ Hierbei sei die Frage erlaubt, wer sich überhaupt freiwillig versichert? In der Regel wer die Mindestversicherungszeit für gesetzliche Krankenversicherung der Rentner nicht erfüllt, kann sich unter Einhaltung einiger Regeln, als freiwilliges Mitglied bei einer Krankenkasse versichern. Das ist ein starkes Stück: Weil kleine Gruppen die Mindestversicherungszeit nicht erfüllen, müssen diejenigen leiden, die die Mindesversicherungszeit erfüllt haben, immer solidarisch eingezahlt haben? Wäre es nicht denkbar gewesen, genau in die andere Richtung anzupassen? Freiwillig versicherte Rentenerinnen und Rentner hätten entsprechend auch nur den hälftigen Anteil zahlen müssen?

„Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen dauerhaft ein starkes Gesundheitssystem erhalten, in dem alle die Leistungen bekommen, die sie benötigen. Es ist unser großes Ziel, soziale Spaltung durch Zwei-Klassen-Medizin zu verhindern. Wer in Deutschland schwer krank ist, bekommt unabhängig von der sozialen Situation als gesetzlich Versicherter eine gute und moderne Behandlung – dies wird besonders im Vergleich mit anderen Ländern deutlich.“

Ein starkes Gesundheitssystem ist wichtig. Die Zwei-Klassenmedizin sollte vermieden werden. Allerdings ist die Frage, ob dies auf Kosten von Altersvorsorgeverträgen geschehen sollte. Hier sehe ich durch die jetzige Regierung massiven Nachholbedarf!

 „Es ist eine große Herausforderung, diese Errungenschaften auch in Zukunft zu gewährleisten. Auf der einen Seite gibt es einen schnellen – und teuren – medizinischen Fortschritt, an dem alle teilhaben sollen. Auf der anderen Seite gibt es durch die Alterung der Gesellschaft eine steigendende Anzahl an Rentnerinnen und Rentnern, die altersbedingt mehr Leistungen in Anspruch nehmen müssen und gleichzeitig weniger Beitrag zahlen, als während der Erwerbsphase. Um das Gesundheitssystem leistungsfähig zu halten, müssen wir daher die Strukturen so weiterentwickeln, dass wir mit dem gleichen Aufwand mehr Nutzen für die Patientinnen und Patienten erzielen und die Ausgaben unter Kontrolle halten. Wir müssen aber auch die Beitragslast so verteilen, dass wir langfristig finanzielle Sicherheit in der Krankenversicherung haben. Die volle Beitragslast auf die Versorgungsbezüge leistet dazu einen wichtigen Beitrag, auf den wir nicht verzichten können. Die Alternative dazu ist eine noch stärkere Belastung der jüngeren Generation, vor allem der Familien, oder Leistungseinschränkungen. Dies ist für uns nicht vorstellbar.“

Die Kosten des Gesundheitssystem werden u.a. durch die demografische Entwicklung massiv ansteigen. Immer mehr Rentner müssen durch immer weniger Arbeitnehmer „finanziert“ werden. Die Gefahr der Kostenexplosion scheint, wenn ich die Zeilen richtig interpretiere bekannt zu sein. Ein Beitrag die Kosten im Rahmen zu halten, sei die volle Beitragslast der Versorgungsbezüge. Dies ist für mich sogar nachvollziehbar, jedoch empfinde ich als Mittdreißiger es als sozial ungerecht, Versicherungsverträge die vor 2003 abgeschlossen wurden, mit einzubeziehen. Damit schwindet die Planungssicherheit. Heute kann jeder entscheiden, ob unter den bekannten Umständen ein entsprechender Vertrag abgeschlossen wird.

„Wir wissen, dass die volle Beitragserhebung auf Versorgungsbezüge im Einzelfall auch mit hohen Belastungen verbunden ist, die als ungerecht empfunden werden. Ein Verzicht auf diese Regelung würde aber zu einer insgesamt höheren Beitragslast führen, z.B. für Jüngere mit Kindern oder aber auch für diejenigen, die z.B. gar keine Betriebsrente haben und daher noch schlechter abgesichert sind. Auch deshalb stellen wir gegenwärtig diese Regelung nicht in Frage.“

Hier empfehle ich die aktuellen Veröffentlichungen der Bertelsmann-Stiftung nachzulesen, welchen Beitrag schon heute Familien mit Kindern für die Sozialsysteme leisten. Wenn ich wieder Zeit finde, werde ich das Thema sicherlich in einem separaten BLOG-Artikel aufnehmen. An dieser Stelle möchte ich hierzu nur sagen, dass eine noch stärkere Belastung der Familien kaum mehr möglich ist. Man braucht kein Elterngeld, Elterngeld Plus, Herdprämien  und ähnliche familiäre Entlastungen auf den Markt zu bringen, um die Anzahl der Geburten zu steigern, wenn man den Familien das Geld auf der anderen Seite aus der Tasche zieht. Alleine der Mehrkonsum durch Kinder für Nahrung, Kleidung, größere Autos, Energie spühlt bei dem derzeitigen Mehrwertsteuersatz tausende Euronen in die Staatskassen. Hinzu kommt, dass für die Kindererziehung auf Gehalt verzichtet wird, da in der Regel ein oder beide Elternteile beruflich „zurückfahren“… Aber ich möchte nicht zu sehr abschweifen!

„Viele der derzeitigen Bestimmungen im Beitragsrecht der Gesetzlichen Krankenversicherung, resultieren aus dem ungerechten nebeneinander von PKV und GKV. Um in Zukunft die Beitragsgerechtigkeit zu stärken und die Beiträge tatsächlich gerechter zu verteilen, haben wir im Wahlkampf für die Bürgerversicherung geworben, um alle in ein gleiches und gerechtes Versicherungssystem einzubeziehen. In diesem Zuge wollen wir dafür sorgen, dass für alle Versicherten wieder transparenter wird, für welche Einkommen Beiträge gezahlt werden müssen.“

Den ersten Satz möchte ich noch ergänzen: Viele der derzeitigen Bestimmungen im Beitragsrecht der Gesetzlichen Krankenversicherung, resultieren aus dem ungerechten nebeneinander von PKV (privater Krankenversicherung) und GKV (gesetzlicher Krankenversicherung) sowie den Pensionen der Staatsdiener.

Ich wünsche mir, dass die Politik in der heutigen Konstellation die Sozialsysteme reformiert. Hierbei darf kein Ressort eigenständig betrachtet werden. Nur wenn das Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherungssystem gemeinsam betrachtet wird kann eine gute Lösung erarbeitet werden. Alle drei Systeme kollabieren auf Grund der demografischen Entwicklung und benötigen eine komplette Überarbeitung. Desweiteren habe ich die Erwartungshaltung, dass die Politik uns PLANUNGSSICHERHEIT gibt. Nur so ist es möglich, auch eigenständig (privat) für die Zukunft vorzusorgen.